Gedenkstätte
Bullenhuser Damm
Die Gedenkstätte Bullenhuser Damm
ist eine Gedenkstätte der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen. Sie erinnert an 20 jüdische Kinder und mindestens 28 Erwachsene, die am 20. April 1945 im Keller des Gebäudes von SS-Männern ermordet wurden. Vor ihrer Ermordung wurden die Kinder zu pseudomedizinischen Versuchen im KZ Neuengamme missbraucht. Die Gedenkstätte besteht aus einer Ausstellung und einem Rosengarten.
Veranstaltungen
- Donnerstag, 31. Oktober 2024
- 10:00–17:00
- Sonderöffnung und Führungen
Gedenkstätte Bullenhuser Damm, Bullenhuser Damm 92, 20539 Hamburg
Die Kinder vom Bullenhuser Damm
Die Gedenkstätte befindet sich in einem ehemaligen Schulgebäude, das 1944/45 als Außenlager des KZ Neuengamme diente. Dort wurden am 20. April 1945 20 jüdische Kinder und mindestens 28 Erwachsene… Mehr Informationen
- Sonntag, 3. November 2024
- 14:00–16:00
- Führung
Gedenkstätte Bullenhuser Damm, Bullenhuser Damm 92, 20539 Hamburg
Die Kinder vom Bullenhuser Damm
Keine Anmeldung erforderlich. Öffentliche Führung durch die Gedenkstätte mit Nicola Iversen. Mehr Informationen
Im KZ Neuengamme
führte der SS-Arzt Dr. Kurt Heißmeyer Tuberkulose-Versuche an Häftlingen durch. Zum selben Zweck ließ er im November 1944 zehn Jungen und zehn Mädchen aus dem KZ Auschwitz holen. Sie waren zwischen 5 und 12 Jahren alt. Betreut wurden die Kinder von zwei französischen Häftlingsärzten und zwei niederländischen Häftlingspflegern, die als Widerstandskämpfer inhaftiert waren. Um das Verbrechen zu verbergen, ermordeten SS-Männer die Kinder und ihre vier Betreuer: Wenige Tage vor Kriegsende wurden sie in eine zuletzt als KZ-Außenlager genutzte Schule am Bullenhuser Damm im kriegszerstörten Stadtteil Rothenburgsort gebracht und dort in der Nacht des 20. April 1945 im Keller ermordet. In derselben Nacht wurden dort mindestens 24 weitere sowjetische KZ-Häftlinge erhängt.
An dieser Stelle werden Geschichten von Menschen erzählt,
die durch die Morde am Bullenhuser Damm betroffen waren. Lange waren die Identitäten der ermordeten Kinder, ihre Herkunft und die Schicksale ihrer Familien unbekannt. Für vier der Kinder sowie die sowjetischen Häftlinge gilt dies bis heute. Einzig die Identitäten der die Kinder betreuenden Häftlinge waren schon in der frühen Nachkriegszeit bekannt, da überlebende Häftlinge, die mit ihnen im Krankenrevier zusammengearbeitet hatten, über sie berichteten. Durch Anklicken eines Bildes öffnet sich jeweils eine Kurzbiografie.
Jacqueline Morgenstern
1941 musste die französische Familie Morgenstern ihren Friseurladen in Paris an einen Nichtjuden abgeben. Später floh die Familie nach Marseille, wurde hier aber verhaftet, in ein Sammellager für Juden nach Drancy gebracht und am 20. Mai 1944 in das KZ Auschwitz deportiert. Jacquelines Mutter Suzanne Morgenstern wurde dort ermordet. Am 28. November 1944 wurde Jacqueline in das KZ Neuengamme gebracht. Sie war 12 Jahre alt, als sie am Bullenhuser Damm ermordet wurde.
Mehr Informationen über Jacqueline Morgenstern finden Sie im Offenen Archiv.
Ruchla Zylberberg
Nachdem die deutsche Wehrmacht 1939 Polen besetzt hatte, floh Ruchlas Vater, Nison Zylberberg, vorerst allein in die Sowjetunion. Später wollte er seine Familie nachholen, was jedoch wegen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion im Jahr 1941 nicht mehr möglich war. Die jüdische Mädchen Ruchla, ihre jüngere Schwester Ester und ihre Mutter Fajga, wurden in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dort wurden Ruchlas Mutter und ihre Schwester ermordet. Das Mädchen wurde am 28. November 1944 in das KZ Neuengamme gebracht. Ruchla war 8 Jahre alt, als sie am Bullenhuser Damm ermordet wurde.
Mehr Informationen über Ruchla Zylberberg finden Sie im Offenen Archiv.
Anton Hölzel
Anton Hölzel war Mitglied der Kommunistischen Partei. Am 10. September 1941 wurde der Kraftfahrer und Kellner eines Kaffeehauses von der Sicherheitspolizei in Den Haag verhaftet, weil er eine verbotene Zeitung bezogen hatte. Er wurde in das KZ Neuengamme deportiert. Am 6. Juni 1944 wurde er im Krankenrevier des KZ Neuengamme eingesetzt und dort später zur Betreuung der 20 Kinder eingeteilt. Er wurde in der Nacht des 20. Aprils 1945 gemeinsam mit den Kindern am Bullenhuser Damm ermordet.
Mehr Informationen über Anton Hölzel finden Sie im Offenen Archiv.
Gabriel Florence
Nachdem sich Prof. Gabriel Florence Ende 1943 dem Comité Médical de la Résistance, einer Widerstandsorganisation von Medizinern, angeschlossen hatte, wurde er 1943 von der Gestapo verhaftet. Er wurde zunächst in das Gefängnis Montluc bei Lyon, dann am 7. Juni 1944 in das KZ Neuengamme gebracht. Dort wurde er für die Betreuung des Krankenreviers eingeteilt. Er versuchte, die Tuberkulosebakterien durch Abkochen abzutöten, bevor sie den 20 Kindern injiziert wurden, um sie vor einer Tuberkuloseerkrankung zu bewahren. Er wurde in der Nacht des 20. Aprils 1945 gemeinsam mit den Kindern am Bullenhuser Damm ermordet.
Mehr Informationen über Prof. Gabriel Florence finden Sie im Offenen Archiv.
Rose Grumelin-Witonska
"Ich sah meine Kinder zum letzten Mal im November 1944 in Auschwitz. Man hatte mich von meinen Kindern getrennt und brachte mich ins Frauen-Konzentrationslager [...]."
Nach ihrer Befreiung suchte Rucza Witońska, die Mutter von Roman und Eleonore, ihre Kinder unter anderem in Auschwitz und Radom. 1946 erlangte sie Kenntnis darüber, dass die SS zwanzig jüdische Kinder vom KZ Auschwitz in das KZ Neuengamme gebracht hatte. Erst 1981 erfuhr sie Konkreteres vom Schicksal ihrer Kinder in Hamburg. Roman war 6 Jahre alt, Eleonore war 5 Jahre alt, als sie am 20. April 1945 am Bullenhuser Damm ermordet wurden.
"Es gibt Spuren davon, dass wir da waren. Und das ist sehr wichtig. Denn wenn es keine Namen gibt, wird es vergessen... einfach so."
Mehr Informationen über die Geschwister Witoński finden Sie im Offenen Archiv.
Sowjetische Häftlinge
In der Nacht des 20. Aprils wurden am Bullenhuser Damm 24 bis 30 sowjetische Häftlinge ermordet. Die ersten sechs Häftlinge kamen gemeinsam mit dem Transport der Kinder und ihrer Betreuer aus dem KZ Neuengamme. Die weiteren Häftlinge wurden aus dem Außenlager Spaldingstraße zum Bullenhuser Damm gebracht. Ihre Identität und der Grund für ihre Ermordung sind ungeklärt.
Mehr Informationen über diese sowjetischen Häftlinge finden Sie im Offenen Archiv.
Eduard und Alexander Hornemann
1943 wurden die jüdischen Beschäftigten der Firma Philips in den Niederlanden, wo Eduards und Alexanders Vater angestellt war, in das KZ Vught gebracht. Elisabeth Hornemann folgte ihrem Mann mit den beiden Söhnen. Am 3. Juni 1944 wurde die Familie in das KZ Auschwitz deportiert. Die Geschwister wurden am 28. November 1944 in das KZ Neuengamme gebracht. Eduard war 12 Jahre alt, als er am Bullenhuser Damm ermordet wurde. Sein Bruder Alexander 8 Jahre. Auch die Eltern überlebten nicht.
Mehr Informationen über Eduard Hornemann finden Sie im Offenen Archiv.
Lelka Birnbaum
Der Name "Birnbaum" für eines der Kinder vom Bullenhuser Damm ist aus einer Namensliste bekannt, die der dänische Arzt Dr. Henry Meyer, ein ehemaliger Häftling, 1945 veröffentlichte. Zudem ist auf dem Deckblatt einer Röntgenaufnahme der volle Name notiert: "Lelka Birnbaum". Bekannt ist lediglich, dass das Mädchen aus Polen stammte und 12 Jahre alt war, als sie am 20. April 1945 am Bullenhuser Damm ermordet wurde.
Mehr Informationen über Lelka Birnbaum finden Sie im Offenen Archiv.
Sergio de Simone
s Vater Edoardo de Simone wurde als Zwangsarbeiter nach Dortmund gebracht. Seine jüdische Frau Gizella und der gemeinsame Sohn Sergio zogen daraufhin im Sommer 1943 von Neapel nach Fiume, wo sie und sieben weitere Familienmitglieder am 21. März 1944 verhaftet wurden. Am 4. April 1944 wurde die Familie in das KZ Auschwitz deportiert. Sergio musste dort als Läufer arbeiten, bis er 1944 für medizinische Versuche in das KZ Neuengamme gebracht wurde. Sergio de Simone war 7 Jahre alt, als er am Bullenhuser Damm ermordet wurde.
Mehr Informationen über Sergio de Simone finden Sie im Offenen Archiv.
Die Gedenkstätte Bullenhuser Damm und Rosengarten für die Kinder vom Bullenhuser Damm
erinnert an die Opfer dieses Verbrechens. Die Gedenkstätte wurde 1980 auf private Initiative durch die Vereinigung „Kinder vom Bullenhuser Damm“ eröffnet. 1999 wurde sie in städtische Trägerschaft übernommen und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme angegliedert. Die 2011 neu eröffnete Dauerausstellung (deutsch, englisch) informiert über den Ort als Schule und als Außenlager des KZ Neuengamme, über die medizinischen Experimente, die Opfer, die Morde, die Täter und den Umgang mit dem Verbrechen nach 1945. Im Rosengarten hinter dem Schulhof können Rosen zum Gedenken an die Ermordeten gepflanzt werden. Seit 1985 erinnert dort eine Bronzeplastik von Anatoli Mossitschuk an die sowjetischen Häftlinge.
Adresse:
Bullenhuser Damm 92
20539 Hamburg
stiftung@gedenkstaetten.hamburg.de
Tel. (sonntags): +49 40 78 32 95
Tel. (montags–freitags): +49 40 428131500
Öffnungszeiten:
sonntags 10–17 Uhr und nach Vereinbarung für Führungen. Der Rosengarten ist immer geöffnet.
Die Gedenkstätte ist am 24.12, 25.12, 31.12 und 1.1 geschlossen.
Eintritt frei.
Die Ausstellung ist mit dem Rollstuhl befahrbar.
Telefonische oder online-Buchung von Gruppenführungen: Museumsdienst Hamburg, Telefon: +49 40 4 28 13 10
Wie können wir uns
an Ereignisse erinnern, die wir nicht erlebt haben? Was hat Geschichte mit mir zu tun? Diesen Fragen geht das Digital Remembrance Game „Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm“ nach. Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird die Geschichte des Ortes und die Bedeutung von Erinnerung mittels eines Games vermittelt, ohne sie durch immersive Spieleffekte zu überwältigen. Das Spiel ist für Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse geeignet. Es steht ab Ende 2024 kostenfrei zum Download inklusive Unterrichtsmaterial bereit. Dann ist auch ein Workshop in der Gedenkstätte für Schulklassen buchbar.
Das Spiel versetzt in die Perspektive von Schülerinnen und Schülern der Schule Bullenhuser Damm um 1979. Diese entdecken Spuren, die sie in die NS-Vergangenheit führen und sie über Geschichte und Erinnerung nachdenken lässt. Durch die Interaktion mit anderen Figuren und die Integration verschiedener Zeitebenen entsteht für die Spielerinnen und Spieler ein individuelles Erinnerungsnarrativ aus einer persönlichen Perspektive.
Das Spiel wird von der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen gemeinsam mit Paintbucket Games entwickelt, unterstützt durch die Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm e.V. und gefördert von der Alfred Landecker Foundation.
Weitere Informationen: Warum ein Spiel? Kontakt: iris.groschek@gedenkstaetten.hamburg.de, weitere Ressourcen: Kurzer Film über das Projekt (YouTube), Ausgabe des Online-Magazins „Lernen aus der Geschichte“ über Erinnern in digitalen Spielen